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Sonntag, 24. Juni 2012

Sonntag, 24.06.12

„Im Städtchen Balkhasch, das auf  halbem Weg nach Astana liegt, übernachten wir“, habe ich  den letzten Post abgeschlossen.  
Dieser Satz nun detaillierter geschildert,  dazu die Headline „Hotel- und Zimmerodysse in der Steppe“ :
Das „Städtchen“ hat rd. 75.000 Einwohner und angeblich mehrere Hotels. Das Motel am Stadtrand wirkt nicht besonders vertrauenserweckend, also suchen wir das Stadtzentrum. Auf einem Gebäude lesen wir „Hotel“, aber es hat keine Zimmer zu vermieten. Die Passantenbefragung lässt uns ein ehemaliges „Kummerlhotel“ finden. Hier gibt es ausschließlich freie Zimmer, aber kein Wasser im gesamten Gebäude.
Ein weiterer Passantenhinweis führt uns zu einem Hotel, dessen Äußeres uns Mut gibt. Auch Lobby, Gänge und Stiegenhaus wirken gepflegt. Schon hat man ein Stockwerk höher für uns eine Suite (!) zu ansprechendem Preis bereit. Klimaanlage funktioniert, ebenso Wifi. Touristenherz, was willst du mehr? Wasser zum Händewaschen?  Sorry, kein Wasser in diesem Stockwerk! 
Sämtliches Gepäck also wieder ein Stockwerk tiefer. Nun ein kleineres Zimmer. Sehr heiß. Klimanalage defekt. Gepäck wieder in anderes Zimmer, diesmal unmittelbar neben der Rezeption. Der Raum ist nicht besonders groß, dafür sind die Betten besonders schmal.   Wenigstens erhalten wir gleich den Differenzbetrag zum größeren Zimmer zurück. 
Außer dass der Fußboden an einigen Stellen unter dem Plastikbelag eingebrochen ist, was Gefahr für unvorsichtige Knöchel bedeutet, außer dass in der Duschkabine Fugen bzw. Fugenmasse schwarz vom Pilzbefall sind und wir die Kabine auch mit „Badepantoffeln“ nicht betreten wollen, außer dass bis lange nach Mitternacht der Lärm in der Lobby und an der Rezeption anhaltend stark ist, ist so weit alles ok. 
Am Morgen erhalten wir das Frühstück ins Zimmer serviert. Weil im Zimmer kein Tisch Platz hat, tun es auch die Nachtkästchen. Von der am Vorabend abgegebenen Bestellung weicht die Zusammenstellung des Frühstücks doch einigermaßen ab. Und natürlich ist, auch anders als am Vorabend vereinbart, das Frühstück gesondert zu bezahlen. Und der Parkplatz  muss auch noch bezahlt werden. 
Der Duster ist schlimm verstaubt und neben dem Hotel ist in der Autohandwäscherei gerade ein Platz frei geworden. Vergönnen wir also unserem Auto eine Handwäsche. Als einer der halbwüchsigen Wäscher mehrmals „Cola“ einfordert, mache ich den Burschen Beine. Das funktioniert in unserem Dialekt ausgezeichnet. Das oberösterreichische Klangvolumen scheint beeindruckend zu sein. Rekordverdächtig rasch sind die Fußmatten gereinigt und liegen wieder im Auto. 

Ist das Landschaftsbild von Almaty bis Balkhasch von starker Trockenheit geprägt gewesen, so nimmt die steppe nun ein etwas grüneres Aussehen an. Das Mittagsschläfchen muss in Ermangelung eines schattenspendenden Baumes entfallen.


Die Tageshitze ist so groß, dass der Asphalt weich wird und Ansätze von Verflüssigung zeigt. Der Teergeruch begleitet uns über große Streckenabschnitte. 

Raststätte
Grabstätten

Die Ankunft in Astana, der Großstadtverkehr, die Hotel- und Zimmersuche - alles läuft perfekt für uns. Die Anreise und die positiven Eindrücke der Hauptstadt lassen die vergangene Provinzposse, die auch schon hunderte Kilometer zurück liegt, rasch vergessen.

Wir sind wieder rundum zufrieden mit unserer Reise!





Freitag, 22. Juni 2012

Zurück in Almaty, Richtung Astana 21./22. 06. 2012

Ein Student, der in seiner Freizeit in unserem Hotel aushilft, bringt uns zu einem Reifenhändler. Wir kaufen zwei neue Reifen für den Duster. Es soll ihm wieder gut laufen. Anschließend geht`s zu einem Reifendienst, wo wir die Reifen in eine sinnvolle Anordnung bringen lassen.Jetzt haben wir einen Originalreifen ohne Felge und ein kleineren Reifen auf der Reservefelge, die wir hoffentlich nicht mehr benötigen werden.

Nun gehen wir ganz auf  Nummer Sicher und lassen uns noch Motoröl von unserem Studenten besorgen, für den Fall, dass wir es irgendwo benötigen. Unser Student kommt mit Motoröl für Benzinmotor. Falsch, der Duster fährt mit Dieselaggregat. Zurück zum Anfang.

Wir genießen die Atmosphäre der Stadt, diesmal in Shopping Malls, Cafès und bei Livemusic im Freien. Eine faszierend offene, moderne und freundliche Stadt!

Wie vereinbart ist unser Student am Samstag um 9 Uhr zur Stelle. Er hat auch das richtige Motoröl gebracht und will es dem Duster gleich einfüllen. Ich blocke ab, denn wie soll ich plausibel erklären, dass wir das Öl nur als Reserve brauchen.

"No money! In Kasachstan it`s usual to help!" meint unser Student, wird aber beim Anblick eines mittelgroßen Dollarscheines doch weich.  ;o)

Problemlos finden wir die Straße nach Astana. Es sind 1200 km zu fahren. Die Strecke führt durch endlose Steppenabschnitte. Obwohl wir mehr als 250 km den Balchasch-See, der herrlich türkisfarbenes Wasser hat, entlang fahren, bedeutet das Fahren absolute Langeweile, weil der Blick auf die Steppe und auf den See von unzähligen Strommasten, -leitungen und Bahnleitungen gestört wird. Nur sehr selten bietet sich ein Fotostopp an.



Im Städtchen Balkasch, das auf halbem Weg nach Astana liegt, übernachten wir.

Der Altyn Emel Nationalpark 20., 21. 06. 12


Nach der gewohnten Irrfahrt aus der Großstadt kommen wir nach 70 km durch Kapshagay, das sich gerne als „Las Vegas Kasachstans“  titulieren lässt.  Einstweilen muss sich aber das echte Las Vegas vor der Konkurrenz nicht fürchten. Auch wenn hier die Vegetation und die Farbe der Felsen ähnlich sind, so sind es doch nur einige wenige Casinos, die überdies kleiner sind als die amerikanischen Vorbilder.

Als wir in Basschi, dem Ausgangsort für den Besuch des Altyn Emel Nationalparks ankommen, wartet unser Guide schon vor dem kleinen Hotel. Das Gepäck kommt ins Zimmer, wir fahren los. Der Guide ist ein lustiger Bursche, der sich mit uns unterhalten kann, obwohl er nur Russisch beherrscht.  Immer wieder beklopft er das Wageninnere.“Gutt! Gutt!“ Die Klimaanlage fasziniert ihn ganz besonders. Und dass es piepst, wenn der Sicherheitsgurt nicht angelegt ist, amüsiert ihn. „Piep! Piep!“ ahmt er das Signal mehrmals nach.

Eineinhalb Stunden dauert die Fahrt auf relativ guter Piste, die nur in wenigen Abschnitten zu „Wellblech“ wird, bis zur „Singenden Düne“. 180 m ist sie hoch und die Hitze knebelt jedes Verlangen nach einem Gipfelsturm. Die Sonne steht tief und die Schatten sind lang. So kann die Düne sehr schön ihre helle und dunkle Seite zeigen. Vitus Mostdipf darf im Steilhang ein bisserl granteln, während eine Sandechse an ihm vorbei läuft.

Der Wind wird stärker und als der Sand zwischen unseren Zähnen immer mehr knirscht, fahren wir zurück nach Basschi. Ein Schweizer sitzt im Hotel beim Abendessen. Er ist mit seinem Moped (!) aus Tadschikistan gekommen und will über Wladiwostok weiter bis Japan. Beim Vorstellen geht’s schon ungezwungen zu: „Ernst grüßt Ernst.“ Nach dem Essen unterhalten wir  uns noch bis lange nach Mitternacht.

Pünktlich um 8 Uhr ist unser Guide am nächsten Morgen zur Stelle. Er und der Schweizer Ernst fahren mit uns in den Nationalpark. Bis zu den ersten landschaftlichen Attraktionen sind es heute mehr als 80 km. Teilweise ist die Piste in hervorragendem Zustand, allerdings immer wieder unterbrochen von tiefen Querfurchen, die das Wasser ausgespült hat.

Die Felsformationen bieten in Farben und Formen ein überwältigendes Bild. Die Schluchten, die das Wasser immer wieder neu gestaltet, wirken beinahe beängstigend. Wadis und Washes kommen uns in den Sinn. Gott sei Dank ist weit und breit kein Wölkchen zu sehen.

Wir brauchen keine Sturzbäche, um hängen zu bleiben. Plötzlich lässt sich der Duster im weichen Sand nicht mehr steuern. Wieder ein Reifendefekt, wieder ist es das rechte Vorderrad! Jetzt muss der etwas kleinere Reifen aus dem Kofferraum. Anders als beim ersten Reifenschaden haben wir die Helfer diesmal gleich mit. 2x Ernst und 1 Guide schaffen den Radwechsel innerhalb kürzester Zeit. Wieder ist die Seitenwange des Reifens beschädigt, diesmal allerdings innen.

Es muss vor kurzem hier schwere Regenfälle gegeben haben, denn die Spur ist nicht mehr zu erkennen. Der Guide versucht zwar noch den richtigen Weg zu finden, aber nach  wenigen hundert Metern hat auch er die Orientierung verloren. Wir können die weißen Gipsfelsen am Ende des Tracks nicht mehr erreichen, eine Fortsetzung der Fahrt wäre wohl zu gefährlich.

Bei der Durchquerung eines ausgetrockneten Wasserlaufes sehen wir 2 Autowracks liegen. Während eines Gewitterregens sind die beiden Touristenautos von den Wassermassen erfasst und mitgerissen worden. 3 Menschen sind ertrunken. Ein bedrückender Beleg für den Satz  „In der Wüste sind schon viele Menschen ertrunken.“

Am späten Nachmittag brechen wir auf nach Almaty – wir müssen dort Reifen kaufen.


Dienstag, 19. Juni 2012

Almaty - die Interessante 19. 06. 2012


Gestern ist also Tag der Entspannung gewesen. Wir haben auf unsere Registrierung gewartet, die innerhalb der ersten 5 Tage unseres neuerlichen Kasachstan-Aufenthaltes hat erledigt werden müssen. Ein Mitarbeiter unseres Hotels ist  damit beauftragt gewesen. Wegen eines technischen Gebrechens hat sich allerdings die Registrierung um einen Tag verzögert und uns zu einem zusätzlichen Almaty-Tag gezwungen.

Auf dem Köktebe, einem Hügel am Rand des Stadtzentrums, ist einiges los gewesen an Ausflüglern. Diverse Gastgärten haben uns vor Dehydrierung geschützt. Langweilig ist es keine Minute gewesen, denn das bunte Treiben ist absolut faszinierend gewesen.  Verblüffend austauschbar die familiären Situationen in Österreich und Kasachstan, trotzdem für uns exotisch genug. Angenehme Temperaturen den ganzen Tag über.


Heute haben wir den Duster vom Parkplatz geholt und sind losgefahren, vorerst hinein ins Großstadtgewühl, auf das wir uns schon einigermaßen eingestellt haben. Lediglich die quälende Huperei  lässt mich nach wie vor zornig werden. Vielleicht erwarte ich aber auch  zu viel, wenn ich meine, dass die Einheimischen dem österreichischen Kennzeichen gegenüber mehr Toleranz aufbringen könnten. Gott sei Dank habe ich im Verkehrsgewühl keine Zeit darüber nachzudenken, wie es einem Kasachen vielleicht in Wien ergehen würde.

Direkt am Stadtrand beginnen die Berge des Tien Schan, und die sind wesentlich höher als unsere Alpen. Bereits nach 15 – 20 Kilometern ist ein modernes Schigebiet erreicht, das in großem Stil ausgebaut werden soll. Auch eine österreichische Seilbahn ist mit dabei. Dem Duster gestatten  wir ein paar Kletterübungen und sind von seinem Leistungsvermögen beeindruckt. Temperaturen um 20 Grad Celsius locken viele Wanderer hierher. Wie mag es hier im Winter sein?  Immerhin ist ja wegen der häufigen Vermurungen  ein riesiger Damm errichtet worden. Am Straßenrand liegt noch eine Vielzahl entwurzelter Bäume.

Eher durch Zufall entdecken wir einige Seitentäler des Nationalparks. Hier scheint es mit dem Schilauf zu Ende zu gehen, wenn man den Zustand der wenigen Liftanlagen als Indikator gelten lässt.

Weil wir noch Zeit haben, bereiten wir unsere beiden nächsten Tage vor. Wir suchen und finden die Verwaltung des Altyn Emel Nationalparks in einem Hotel, das die Zeiten der Sowjetunion auferstehen lässt. Aber die beiden Damen, die sich um uns kümmern, sind äußerst freundlich und bemüht. Rasch ist ein Programm einschließlich Übernachtung im Nationalpark zu erträglichen Preisen ausgearbeitet.

Natürlich sind wir ein Sonderfall, weil wir selbst mit dem Auto fahren. Aber ein Local Guide ist obligat und muss mit ins Auto, weil im NP nichts ausgeschildert ist. Kostet nicht viel, ist auch gut, wenn es um die Sicherheit geht. Und darüber hinaus  müssen wir bei der morgigen Abfahrt eben nur noch ans Tanken denken.

Kaum haben wir den bürokratischen Teil erledigt, kommt ein Niederländer auf der Suche nach seinem Hut – der sich auch gleich in der mitgebrachten  Plastiktragetasche findet -  ins Büro. Wir kommen ins Gespräch und erfahren, dass die siebenwöchige Reise  in Amsterdam von einem „Spezialreisebüro“ (Zitat) ausgearbeitet worden ist. Alle Bahnfahrten und Visa inklusive. Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgistan, Kasachstan. Schlimm gelaufen ist lediglich, dass die Beginndaten  der einzelnen Visa nicht ganz zusammen gepasst haben. Und so ist es unter anderem passiert, dass der Holländer im Niemandsland zwischen Tadschikistan und Kirgistan 2 Tage und 2 Nächte im Freien verbringen hat müssen (teilweise bei Schneefall), bis das nächste Visum gültig geworden ist.  

Na, da doch lieber ein zusätzlicher Tag in Almaty, das wir inzwischen ein wenig besser kennengelernt haben und sehr interessant und sympathisch finden mit seinen vielen Attraktionen und  mit seinem  großem kulturellen Angebot, das wir allerdings leider nicht nutzen können.

Auf der Fahrt zum Hotel verschlägt es uns durch Zufall noch zu der modernen großen Schanzenanlage, wo im vergagenen Winter auch der Springertross des Schi-Weltcups Station gemacht hat. Von hier sind es keine fünf Autominuten zu unserem Hotel im Stadtzentrum.
Bei der Rezeption liegen unsere Reisepässe samt Registrierung.

Montag, 18. Juni 2012

Bis Almaty 17., 18. 06. 2012


Nach unserer Einreise nach Kasachstan hat sich also die Treibstoffsituation schlagartig entspannt. Es gibt wieder genug Diesel für uns. Wie in Zukunft die Individualreisenden mit ihren Dieselautos durch Usbekistan reisen werden? Je nach Reiseverlauf sind es immerhin 1.500 – 2.000 Kilometer, die dabei gefahren werden müssen.

Während Gerlinde und ich kurz darüber diskutieren, haben wir eine Passhöhe erreicht: Kazygurt Pass, weit über 1.000 m hoch. Zur linken Seite wird der Pass von einem Hügel begrenzt, der lt. Reiseführer 1.775 m hoch ist. Am höchsten Punkt eine Sendeanlage, die in ihrer Form einem Segelschiff ähnelt. Von oben sollte der Blick auf die Steppe besonders schön sein. Wir fahren den Hügel hinauf. Auf dem in Fragmenten angedeuteten Schiffsrumpf sind große Tierdarstellungen angebracht.

Jetzt fällt es mir wieder ein. Neben Expertenmeinungen, dass die Arche Noah am Ende der Sintflut  am Vulkan Ararat in der Osttürkei  gelandet bzw. gestrandet sein soll, meinen einige Historiker, die Arche Noah sei am Berg Kazygurt gelandet. Tatsächlich hat man hier Holzreste gefunden in Form eines Schiffsrumpfes. Wie auch immer, Ararat oder Kazygurt oder …, interessant ist es immer, an solchen Plätzen zu stehen und seiner Fantasie freien Lauf zu lassen.

Das Panorama ist beeindruckend, die tiefstehende Sonne lässt die unzähligen flachen Hügel lange Schatten werfen. Wir bleiben einige Minuten und lassen die Szenerie auf uns einwirken.

Schymkent erreichen wir noch bei Tageslicht.

Die Strecke Richtung Almaty führt vorerst durch zahlreiche Straßendörfer, die ineinander übergehen. Dies bedeutet für lange Zeit Tempo 40 oder 50, intensiv überwacht durch unzählige Polizeistreifen, die mit Radarpistolen  ausgerüstet sind. Die Straße soll zu einer vierspurigen Autobahn ausgebaut werden. Die Baustellen sind entsprechend lang. Deshalb schaffen wir auch gerade die halbe Distanz nach Almaty.

Im Städtchen Merke finden wir ein Hotel, das noch aus der Zeit der Sowjetunion stammt.Zaghafte und Renovierungsversuche haben daraus keine ****-Unterkunft gemacht. Wir erhalten die „Royal Suite“ einigermaßen preisgünstig. Zwischen 80 und 90 Quadratmeter misst die Zimmerflucht. Allein das spärlich eingerichtete Wohnzimmer hat mehr als 50 Quadratmeter. Aber alles ist sauber und das reicht uns.

Die Grenze zu Kirgistan ist nahe und die Menschen sind vorsichtig. Vom Hotel- bzw. Restaurantpersonal werden wir ständig beobachtet, ob wir vielleicht gar das Weite suchen würden ohne zu bezahlen. Wir sind mit dem Abendessen noch lange nicht fertig, da liegt die Rechnung schon auf dem Tisch, ähnlich ergeht es uns beim Frühstück.

An der Tankstelle hat der Security-Mann ein Gewehr umgehängt. In dieser Region soll früher viel Rauschgift geschmuggelt worden sein. Wie es heute ist? Darüber kann uns niemand Auskunft geben. Nach einigen Stunden kommt uns ein Konvoi mit 10 Trucks, die dicht hintereinander fahren,  entgegen. Alle haben EU-Kennzeichen. Es scheint, als würde eine Wagenburg an uns vorbei rollen.

Wir treffen aber auch einen Radfahrer aus Taiwan, der auf dem Weg nach Ufa in Russland ist. Kopfhörer, Actioncam und alles, was an Elektronik zum Radfahren gehört, ist dabei. Das Rad ist voll bepackt. Ich bewundere diese Leute, die so durch die Welt unterwegs sind. Allerdings glaube ich, dass der kleine, drahtige Bursche mit seiner Gesamtausrüstung brutto auch nicht mehr auf die Waage bringt als ich (mit Hosenriemen und Sonnenbrille). Das soll seine Leistung aber  nicht schmälern.

Der Stadtrand von Almaty ist erreicht. Wir fahren in eine Millionenstadt, die wir nicht kennen. Mit einer Verkehrsfrequenz, die enorm ist. Mit einem Stadtplan, der nur das Stadtzentrum zeigt. Mit einer Hoteladresse, die wir kaum lesen und gar nicht aussprechen können. Und trotzdem schaffen wir es, das Hotel zu finden … und bekommen ein´preisgünstiges Zimmer, obwohl wir kein „Booking“ haben. Und im benachbarten Cafe gibt es für uns ein Abendessen, das ausgezeichnet schmeckt.

Sonntag, 17. Juni 2012

Samarkand 12. - 14.06. 2012


Auch wenn es langweilig wird: Wieder einmal sind die Irrwege weit, bis wir endlich Buchara verlassen haben. Wieder einmal müssen wir uns auf die Suche nach der Rollenden Tankstelle machen. Wieder einmal stellen wir fest, dass die LKW-Fahrer besonders hilfsbereit sind.

Entlang der vierspurigen Straße künstliche Bewässerung – Baumwolle, Mais, Wein, Marillen, Gemüse etc. Vor vielen Wohnhäusern stehen große Backöfen aus Lehm.

Nach mehr als 130 km tauchen die ersten Bergketten am Horizont auf. Das Gebiet ist sehr dicht besiedelt, Dorf reiht sich an Dorf. Lange Pappelalleen – die Bäume stehen in mehreren Reihen - dienen als Windschutz gegen die Erosion.

Samarkand, 700.000 Einwohner groß, erreichen wir am späten Nachmittag. Mit Nicki und Roy haben wir einen Treffpunkt bei einem zentral gelegenen  Hotel  vereinbart. Völlig überraschend gibt es kein Verfahren, keine Umwege. Wir parken direkt vor dem Hotel, damit unsere Schweizer uns nicht übersehen können. Nicky und Roy haben die Schweizer Pünktlichkeit wahrscheinlich in die Wiege gelegt bekommen, denn sie treffen auf die Minute genau ein.

Die beiden haben bereits ein nettes Hotel gefunden. Dort mieten wir uns ebenfalls ein. Auf Empfehlung des Rezeptionisten nehmen wir ein Taxi zu einem besonders interessanten Lokal – so wird es uns geschildert. Ein riesiger Saal mit Pseudo-Orientalik, Light-Show und Live-Auftritten von Sängerinnen und Sängern, die neben einheimischer Musik auch westliche Popsongs trällern – offensichtlich um uns zu erfreuen. Der instrumentale Part ist Konserve, dazu wird live gesungen, und alles in gewaltiger Lautstärke, was uns beim Essen und im Gespräch ….

Eine Gruppe einheimischer Frauen gibt sich auf der Tanzfläche ganz der Musik hin. Mit der Videokamera schmuggle ich mich dazwischen. Das ist völlig unnötig, denn als ich bemerkt werde, ist es um mich geschehen. Ich werde buchstäblich an den Damentisch gezerrt, wo ich zuerst essen soll. Habe ich schon. Also dann wenigstens ein Gläschen Wodka zu Ehren der Dame, die links von mir sitzt.  Eine der Damen, sie ist Bankangestellte, feiert ihren 50.Geburtstag. Ein Gläschen Wodka auch zu Ehren der Jubilarin!

Ich beginne zu zählen: 8 Frauen sitzen an der Tafel! Als Beinahe-Antialkoholiker-der-nur-trinkt-wenn-es-sich-nicht-vermeiden-lässt suche ich einen Vorwand zur Flucht, was aber nicht akzeptiert wird. Gerlinde, Nicky und Roy sitzen weit entfernt und eilen mir auch nicht zu Hilfe. Diese Verräter!

Ein Gläschen Wodka zu Ehren der Schuldirektorin, die rechts von mir sitzt! Die non-verbale Kommunikation funktioniert immer besser. Jetzt noch ein Gläschen zu Ehren der Kinderärztin, die mir schräg gegenüber sitzt. Jetzt muss ich doch endlich die Jublarin küssen. Alle anderen Damen erhalten von mir einen Handkuss, der sie zu Begeisterungsrufen hinreißt. Jetzt aber nichts wie weg, bevor ich perfekt Russisch spreche, mir der Wodka Flügel verleiht und ich vielleicht eine Bruchlandung hinlege.


Der nächste Tag ist völlig dem Besichtigen gewidmet. Nicky ist am Vormittag noch dabei, während Roy den Landcruiser in Schuss bringt. Der Registon mit den Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt gehört zu den bemerkenswertesten Kunstdenkmälern der ehemaligen Seidenstraße,  wahrscheinlich sogar der ganzen Welt. Die Kachelverkleidungen, die Kalligraphien an den drei riesigen Moscheen, die um einen zentralen Platz errichtet worden sind, sind millionenfach fotografiert worden.

Jeder, der gerne fotografiert, weiß: Je mehr ein Motiv beeindruckt, desto öfter drückt man auf den Auslöser. Und in Samarkand haben ich diesen besonders häufig betätigt.

Die kunsthistorisch bedeutendsten Monumente liegen in Samarkand etwas weit auseinander. So vergeht die Zeit rasch. Nicky muss sich verabschieden und zum Hotel zurück. Leider können wir Roy nicht mehr treffen. Ob wir die beiden wiedersehen werden? Vielleicht am Ende ihrer dreijährigen Weltreise! Wir haben ja die Kontaktdaten – wird schon funktionieren. Dass die Fahrt der beiden über die Mongolei führt, hat natürlich neben ihrer Reiselust einen weiteren Grund: Sie engagieren sich dort für ein Kinderhilfswerk (http://www.bayasgalant.ch)    Wir freuen uns jetzt schon auf ein Wiedersehen mit Nicky und Roy (www.globexplorer.ch)!

Am späten Nachmittag besuchen wir den großen Basar der Einheimischen. Er ist zwar stark modernisiert, aber in seiner Vielfalt und mit der Fülle seines Angebotes höchst faszinierend. Wir kommen mit einer Reihe von Händlern ins Gespräch, was den Marktbummel besonders interessant macht.

Für den nächsten Tag haben wir uns vorgenommen, nochmals zum Registan zu kommen, um wegen der noch tiefstehenden Sonne  neuerlich ein paar Fotos  zu schießen. Straßenunkundig tasten wir uns also am nächsten Morgen zum Registan vor. Es funktioniert! Direkt hinter der Aussichtsplattform nutzen wir den Fußgängerübergang, um den Duster zu parken. Wir lassen Vitus Mostdipf einen Blick auf die Moscheen werfen und bringen ihn aufs Foto. Auch der Dacia wird ins Bild gerückt - als Beweis, dass er tatsächlich in Smarkand gewesen ist.
Die Polizisten sehen bei unserem Treiben zu und nehmen es gelassen zur Kenntnis. Ich strecke die Finger in die Höhe, signalisiere 2 – 3 Minuten.

Schon stecken wir wieder im Stau, diesmal bei der Stadtausfahrt. Mehrmals ist es uns in Samarkand passiert, dass Autolenker die Daumen in die Höhe strecken, wenn sie unser Kennzeichen gesehen haben. Sie scheinen sich über unsere Anwesenheit zu freuen. Wir haben inzwischen gelernt, uns der menschlichen Navigationshilfen zu bedienen, und selektieren genau: Taxi- und Busfahrer, Parkplatzwächter, ältere Polizisten.

Taschkent liegt vor uns!

Buchara 09. - 12.06. 2012

Wir verlassen Khiva am späten Vormittag. Über eine neue Brücke überqueren wir den Amudarya, der sich als sehr breiter Fluss präsentiert.  Die großen Orte und die riesigen bewässerten Anbauflächen, der starke Bevölkerungszuwachs und der erhöhte Lebensstandard, verbunden mit ebenso steigendem Wasserbedarf, machen auch hier deutlich, warum für das Gebiet des ehemaligen Aralsees kaum Verbesserung erwartet werden kann.

Wieder einmal enden die bewässerten Felder und werden abrupt von Wüste abgelöst. Die Straße führt einige Kilometer das Steilufer  des Amudarya entlang. Die Qualität der Fahrbahn nähert sich immer mehr dem Niveau der Straße zum Kaspischen Meer. Über 100 Kilometer Baustelle! Zwei Fahrstreifen der zukünftigen vierspurigen Autobahn sind in weiten Abschnitten bereits fertiggestellt, aber jeweils nach 200 – 300 Metern durch einen Sandwall blockiert. Da kriegst du die Krise!

Einige LKW und ein Bus sind auf der „Straße“ wegen irgendwelcher technischer Gebrechen liegen geblieben. Die zahlreichen Fahrzeuge, die hier unterwegs sind, haben etwas Gemeinsames: Das mühsame Dahinkriechen - es verbindet. Es gibt zwar Augenblicke von Hoffnung auf Besserung, wenn Asphalt naht, aber nach wenigen Metern ist alles wieder vorbei. Abwechslung bieten nur einige Sandverwehungen, die problemlos zu befahren sind.

Erst spät in der Nacht erreichen wir Buchara und mieten uns in einem kleinen Hotel in der Altstadt ein. (Was sich hier kurz liest, hat lange gedauert und war nur zu schaffen durch die große Hilfsbereitschaft der Einheimischen.)

Am nächsten Tag treffen wir alle Bekannten wieder, mit denen wir in Khiva zusammen gewesen sind,  obwohl  wir keine Treffpunkte vereinbart haben.  Es ist der Abschlusstag des Silk Road Festivals und es tut sich einiges. Traditionelle Gesänge und Tänze werden dargeboten, Verkaufsstände sind auch außerhalb der Basare aufgebaut, die Usbeken sind in die Stadt gekommen, um sich zu vergnügen. Ein buntes Bild, das verstärkt wird durch die angenehmen Temperaturen des Spätnachmittags und umso mehr genießen wir die Atmosphäre.

Wir gönnen uns einen weiteren Besichtigungstag in Buchara  und sind von den Sehenswürdigkeiten sehr beeindruckt, wenn auch manchmal der Eindruck entsteht, dass bei der Restaurierung etwas zu viel an „Patina“ verloren gegangen ist. Mag aber auch sein, das diese Sicht der Dinge nur  uns Europäern wichtig ist.

Bemerkenswert in Buchara ist auch, dass die Händler in den Basaren nicht aufdringlich sind und dass die einheimische Bevölkerung sehr freundlich, kontakt- und fotofreundlich ist. Ein Local Guide hat uns die Erklärung gegeben: „Die Menschen sind wie Früchte. Früchte reifen gut und werden besonders süß bei viel Sonnenschein. Und Buchara hat mehr als 300 Sonnentage im Jahr.“  Die Vierergruppe der gereiften Guides hat mir anschließend gleich zu mehreren Gläsern Wodka verholfen.  … Und ich bin auch ordentlich gereift, obwohl ich gar nicht in der Sonne gesessen bin …

Am Abend trifft sich eine illustre deutschsprachige Runde auf der Dachterrasse eines Restaurants, um den Sonnenuntergang zu fotografieren. Wir kennen schon alle seit Khiva. Frisch dazu gekommen ist ein deutscher Lehrer, der im Ferganatal unterrichtet und ebenfalls auf Besichtigungstour ist. Martin stellt uns auch gleich per Handy den Kontakt zu einem Lehrerkollegen in  Fergana her.

Am nächsten Vormittag wollen wir Richtung Samarkand abreisen, verspäten uns allerdings um einige Stunden. Der Vormittag vergeht mit verschiedenen netten und informativen  Gesprächen in unserem Hotel.  Am Vortag ist ein Mainzer Motorradfahrer eingetroffen. Er holt sich von uns ein paar Infos über die Strecke bis Sotschi am Schwarzen Meer. Peter und Lou aus München bekommen von ihm  dafür Tipps für die Fahrt in die Mongolei, Martin gibt uns ein Video-Statement und  überspielt uns einige MP3-Files seiner Songs.

Von allen Seiten kommen auch die Fragen zum Duster, von dem wir nach wie vor nur das Allerbeste berichten können, obwohl der Bursche bisher schon einige große Herausforderungen zu bewältigen gehabt hat.

Gebührend bestaunt und fotografiert wird unser Hotel. Es ist ein  altes Kaufmannshaus im ehemals Jüdischen Viertel und besticht durch seine Ursprünglichkeit. So ist der heutige Speisesaal noch im Originalzustand erhalten und das Gebäudeinnere erinnert sehr stark an die Havelis, die alten Kaufmannspaläste Rajastans.

Gegen Mittag brechen wir auf nach Samarkand.

Freitag, 15. Juni 2012

Khiva 07.06. - 09.06.


Die Fahrt von Nukus in die alte Karawanenstadt  Khiva  dauert nicht lange. Wir sind mit Nicky und Roy „im Konvoi“ unterwegs. Die Landschaft ist flachgezogen wellig und sehr wüstenhaft. Kleine Sanddünen so weit das Auge reicht. Von Steppenvegetation ist weit und breit nichts mehr zu sehen.

Etwas abseits der Straße stehen einige Trucks. Was wir zu diesem Zeitpunkt wissen: Der Diesel hier im Land ist stark verunreinigt. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Usbekistan setzt wegen seiner großen Erdgasvorkommen ganz stark auf gasbetriebene Autos. Diesel ist kaum mehr an Tankstellen erhältlich.

Beinahe intuitiv nutzen wir die Möglichkeit, europäischen Diesel direkt vom LKW-Tank zu kaufen. Der Literpreis, den ich biete, ist etwas überhöht, aber warum soll uns sonst  ein Trucker aus Polen mitten in der Wüste Diesel verkaufen? Wir bezahlen gerne etwas mehr.

Von Urgench führt eine O-Bus-Linie direkt bis nach Khiva, also müssen wir nur der Oberleitung nachfahren. Wir finden ein Hotel gleich außerhalb der Stadtmauer, modern und ziemlich steril, dazu überteuert. Es wird zwar durch Verhandeln billiger, aber gleich am nächsten Morgen verlassen sämtliche Hotelgäste – wir waren die einzigen – das Haus.

Wir ziehen in das Hotel, wo Nicki und Roy den Zimmerpreis ziemlich erfolgreich herunter gehandelt haben. Jetzt wohnen auch wir um die Hälfte billiger, dafür aber mit deutlich mehr landestypischem Ambiente, mit herzlicher Atmosphäre und mit Dachterrasse, von wo aus die Aussicht auf Stadtmauer und Haupttor sehr beeindruckend ist.

Die Altstadt von Khiva beeindruckt stark mit Palästen, Moscheen und Wohnhäusern. Am frühen Vormittag und am späten Nachmittag zeigt sich die Stadt in hervorragendem Fotolicht. Zu diesen Tageszeiten sind die wenigen Touristen intensiv mit Besichtigen, Fotografieren und Filmen beschäftigt. Um die Mittagszeit ziehen sich die Besucher wegen der Hitze in die Hotels zurück.

Es wirkt schon ein wenig zwiespältig, wenn die Touristen tagsüber in den Altertümern schwelgen und ab  19 Uhr  darauf warten, dass die Cafes in der Altstadt geöffnet werden. Da werden in den WIFI-Zones der Lokale  die Net- und Notebooks, Laptops, IPads und was auch immer angeworfen und die Historie bleibt zurück. Na selbstverständlich gehören wir auch dazu!

Der weitere Verlauf des Abends ist auch schon vorgegeben. Das „Gipfeltreffen“ der Reisenden auf der Dachterrasse unseres Hotels kann an Teilnehmern einiges aufbieten: Unsere beiden jungen Schweizer Nicky und Roy, ein Ehepaar aus München - Peter und Lou, ein Bayer, der aus Kärnten stammt- Hans, mit seiner Lebensgefährtin Inge - und wir, die Oberösterreicher. Ob’s bei Individualreisenden ein ähnliches „Latein“ gibt wie bei den Jägern? Zumindest an diesem Abend nicht, denn es werden durchaus nützliche Reiseerfahrungen ausgetauscht.

Obwohl Khiva den Tourismus gewohnt ist, begegnen und die Einheimischen mit großer Offenheit und Freundlichkeit, alle grüßen freundlich und plaudern gerne, soweit es die Sprachkenntnisse zulassen. Auch werden wir ziemlich offen und neugierig beobachtet und taxiert, ohne dass irgendjemand aufdringlich wird. Dies gilt auch für die Händler.

Vielleicht täuscht der Eindruck, aber wir haben gesehen, wie Kinder getan haben, was ihre Eltern von ihnen gewollt, verlangt oder befohlen haben. Dies könnte aber auch nur Teil einer Fata Morgana gewesen sein.

Montag, 11. Juni 2012

Am "Aralsee" 06.06.


Beim Frühstück treffen wir ein junges Schweizer Paar, das über die Türkei, den Iran und Turkmenistan angereist ist. Nicki und Roy sind erst am Beginn ihrer mehrjährigen Weltreise. Sie haben in der Schweiz ihren Hausstand aufgelöst und wollen sich jetzt Zeit nehmen für das Kennenlernen der verschiedenen Kontinente. Ein sehr sympathisches Paar, mit dem wir gerne Kontakt haben.

So beschließen wir auch, das Gebiet des ehemaligen Aralsees gemeinsam zu erkunden. Die Abfahrt der Schweizer verzögert sich und Gerlinde und ich fahren los in der Meinung, wir könnten das frühere Fischerdorf Moynak nicht verfehlen.

Es sind mehr als 200 km, die Straßenverhältnisse sind einigermaßen passabel und wir können „im Vorbeifahren“ das Ausmaß der künstlichen Bewässerung erkennen. Natürlich ist die Landwirtschaft hier sehr ergiebig und immer neue Flächen Nutzland werden erschlossen. Neben Baumwollfeldern wird hier auch Reis angebaut und große Flächen stehen unter Wasser.

Als wir von der Hauptstraße abbiegen, fahren wir durch Halbwüste, die von Bewässerungskanälen durchzogen wird. Entlang der Straße Schilf und Pflanzen mit violetten Blüten. Wir stoppen und werden von einem wunderbaren Duft empfangen. Ein herrlicher Geruch, es könnte in keiner Parfümerie angenehmer sein.

Problemlos erreichen wir Moynak, das in manchen Reiseführern als katastrophal beschrieben wird. Auf den ersten Blick muss man diesen Eindruck bestätigen, bei näherem Hinschauen zeigt sich aber, dass dieses Dorf nicht vor seinem Ende steht. Der Hafen existiert nicht mehr, doch moderne Häuser sind entstanden oder werden gebaut.

Natürlich fährt jeder, der als Tourist hierher kommt, zur Aussichtsplattform mit Denkmal, das an den früheren Aralsee erinnert. Große Schautafeln beweisen eindrucksvoll die enorme ökologische Katastrophe, die hier sich hier ereignet hat. Der See, der neben dem Kaspischen See und den Großen Seen zu den weltweit größten Binnenseen zählte, ist auf 2 kleine Seen zusammengeschrumpft. Und eindeutig ist der Mensch Hauptverursacher.



Weit und breit ist nichts von Nicki und Roy zu sehen. Wir stehen auf der Aussichtsplattform und können uns nur schwer vorstellen, dass hier eine riesige Wasserfläche existiert hat. So weit das Auge reicht heute nur Sanddünen, bewachsen mit Saxaulsträuchern. Alte rostige Fischerkähne, die von mehreren Orten hierher gebracht worden sind, liegen hier im Sand, wenig fantasievoll in einer Reihe angeordnet.

Auch wenn die Gesamtsituation nichts Positives aufweist – wir haben eines unserer Reiseziele erreicht. Wir steigen die lange Treppe zu den Schiffswracks hinunter, schießen ein paar Fotos, wobei kein richtiges Fotofeeling aufkommen will. Mit dem Duster nehmen wir schließlich die steile Sandrampe von der Aussichtsplattform abwärts, stellen ihn neben die rostigen Kähne. Ein merkwürdiger Kontrast. Auch dass Fotografieren im grellen Licht bereitet Probleme, denn die dunklen Boote und das weiße Auto überfordern die Belichtungsmessung.

Weit und breit ist noch immer nichts von Nicki und Roy zu sehen. Vielleicht haben sie ihre Pläne geändert. Wir werfen noch einen kurzen Blick auf die ehemalige Konservenfabrik im Dorf, dann verlassen wir den „Aralsee“.  In den 60er Jahren sollen hier sogar noch Tiger durch die dichte Vegetation gestreift sein. Anfang der 70er Jahre habe ich meinen Schülern den mehr als schwachen „Schmäh“ erzählt, dass der Aral-See ein mit Benzin gefülltes Gewässer sei. Als „Beweis“ habe ich damals die Aral-Tankstellen erwähnt, die ihr Benzin direkt aus dem See pumpen würden und deshalb ihren Namen tragen würden. Heute heißt dies „Joke“, den See gibt es nicht mehr, ich denke die Tankstellen heißen OVM. Und die  Schüler würden mir diese Geschichte auch nicht mehr glauben.

Als wir in Nukus beim Hotel ankommen, sind Nicki und Roy da. Sie haben eine wahre Odysse erlebt, denn die Straßenkarte hat Straßen angezeigt, die nicht mehr existieren. Die beiden haben mit schlechtesten Straßenverhältnissen gekämpft und sind ein wenig deprimiert und ohne Moynak erreicht zu haben zum Hotel zurück gekehrt. Jetzt plagt mich ein ordentlich schlechtes Gewissen, weil ich am Morgen losgefahren bin, ohne auf die beiden jungen Leute zu warten.

Sonntag, 10. Juni 2012

Der 1. Tag in Usbekistan 05.06.






Die ersten Minuten des neuen Tages beginnen mit den Erzählungen der Trucker über diverse Grenzen. Unisono stellen alle fest, dass sie schon mehr als 48 Stunden auf die Abfertigung warten. Solange müssen wir hoffentlich nicht warten. Von der schlechten Dieselqualität im Lande ist die Rede. Nur nicht an beliebige Tankstellen fahren. „Maschin kaputt“, heißt es glaubwürdig  immer wieder.  Ein Plan wird gezeichnet mit empfehlenswerten Tankstellen (immerhin 2), von den Umstehenden gutgeheißen.

Jeweils 5 Autos werden in den usbekischen Zollbereich eingelassen, abwechselnd LKW und PKW. 5 riesige Trucks sind schon durch, jetzt stehen wir an der Spitze der Personenwagen. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, wären wir beim Öffnen des Tores an der Reihe. Ein Trucker spricht mit dem uniformierten Toröffner und schiebt ihm etwas zu. Das macht mich misstrauisch.

Als sich das Tor öffnet, sollen wir einige Meter zurück, um die Trucks passieren zu lassen. Als ob ich’s geahnt hätte. Lautstark erkläre ich, dass ich nicht zurückschieben werde. Das komme gar nicht in Frage, wir seien an der Reihe. Die Trucker schauen ein wenig verdutzt und sind auch verlegen. Gerade war dieser Tourist noch so ein freundlicher Bursche. Der Soldat ist ebenfalls verunsichert und telefoniert.

Das Aviso kommt. Als einziger PKW dürfen wir durchs Tor. Die Formalitäten wiederholen sich, neu sind uns nur die Kopien verschiedener Reisedokumente. Weil wir sämtliche Dokumente auch als Kopien mit uns führen, ersparen wir uns viel Zeit beim Anstellen vor dem Kopierbüro. Die usbekischen Beamten sind durchwegs relativ junge Männer, die sehr gewissenhaft arbeiten und sehr nett, freundlich und hilfsbereit sind. Trotzdem ist es bereits 2.45 Uhr.

Die Abfertigung ist geschafft. Ein Uniformierter kommt auf mich zu. Er möchte zur nächsten Stadt mitgenommen werden. Er zeigt auf seine Schulterabzeichen. „Kapitan!“   Ich klopfe auf meine Schulter. „Presidente Kulturama Schloss Tollet!“. Das macht sichtlichen Eindruck.

Wir sind zu müde um weiter zu fahren. So erbitte ich die Erlaubnis, mit dem Auto in der Nähe des Abfertigungsgebäudes stehenbleiben zu dürfen. „No problem.“  Rein ins Auto, Sitzlehnen umklappen, mit den Schlafsäcken zudecken. Nochmals aussteigen und die Socken ausziehen. Wer schläft denn im Sommer mit den Socken? Die Brille muss auch noch aufs Armaturenbrett.

Die LKW brummen die gesamte Nacht an uns vorbei, doch wir schlafen trotzdem hervorragend. Um 7 Uhr klopft es an der Scheibe. Freundlich lacht der „Kapitan“ herein. Er zeigt uns, dass er mit einem LKW mitfahren kann. An der Ausfahrt eine letzte Passkontrolle, dann sind wir in Usbekistan. „You are free now!“ Das freundliche Gesicht des Soldaten bleibt uns einige  Momente im Gedächtnis.

Während der Fahrt überschlagen  wir die zu fahrenden Kilometer und den Tankinhalt. Bis Nukus, unserem  Etappenziel, reicht der Diesel nicht mehr.  Ein Truck steht am Straßenrand. Den Lenker kennen wir vom gemeinsamen Warten an der Grenze. Gestik und Mimik reichen, um unsere Situation zu erklären. Er füllt einen Kanister Diesel in unseren Tank. „Nix kostet!“ Der Fahrer streckt die Hände nach oben. Wir verstehen: Ein Geschenk des Himmels!  Auf unserer Reise haben wir schon viele bemerkenswerte und liebenswürdige Menschen getroffen. Das geht sogar ein wenig  ans Gemüt, macht auch nachdenklich.

Während die Straße immer besser wird, hat die Landschaft ihr Grün verloren und präsentiert sich zumindest als braun-gelb-grüne Halbwüste. Vielleicht 100 km vor Nukus sehen wir die ersten Bewässerungskanäle. Landwirtschaft in intensivem Ausmaß ist die Hauptursache für das Austrocknen des Aral-Sees.
In Nukus finden wir ein charmantes kleines Hotel.

Samstag, 9. Juni 2012

Bis ins Niemandsland 04.06


Am Morgen  schleppt der Hotelportier unser gesamtes Gepäck zum Auto, das immerhin mehr als 30 m vom Hoteleingang geparkt ist, und nimmt auch nach gutem Zureden kein Trinkgeld an. Lange und oft fragen wir nach einem Reifendienst und müssen letztlich zur Kenntnis nehmen, dass ein Betrieb dieser Art in Atyrau nicht existiert. Ein Taxifahrer bringt uns zu einem Mechaniker, der exakt 7 aufgebrauchte Reifen auf Lager hat,. In einem Technomarkt sollen im 2.Stock Reifen lagern. Das Personal ist einigermaßen verwundert, hat es doch außer TV-Geräten und diversem Elektronikzubehör noch nichts anderes in der Abteilung gesehen.

Eine Verkäuferin gibt uns den entscheidenden Tipp: „Im 1.Stock!“ Dort finden wird die Lebensmittelabteilung, wo wir uns auf der Suche nach einem Reifen gleich mit Bananen und Äpfeln eindecken. Auch bei den Karotten finden wir keine Reifen.

Hinter dem Supermarkt hat ein kleiner Autohändler seinen Betrieb. Viele Reifen sind hier nach Dimensionen  gelagert. Eine Lücke klafft. Genau die von uns benötigte Reifengröße fehlt! Ich erinnere mich an so manchen merkwürdigen Ersatzreifen in Österreich. Die Dinger schauen am Auto häufig ziemlich lächerlich aus, müssen auch nach wenigen Kilometern ausgetauscht werden. So kaufen wir einen Reifen, der um eine Spur kleiner ist als vorgesehen, in der Hoffnung, er möge nie gebraucht werden.

Trotzdem wollen wir einen vollwertigen Reifen. Es bleiben jetzt nur noch die Neuwagenhändler. Weit ist der Weg. Beim Händler einer japanischen Automarke werden wir am Eingang der pompösen Niederlassung wie in einem  *****-Hotel  empfangen. Die Rezeptionistin  ruft einen jungen Mann , der uns weiterreicht an eine sehenswerte Schreibtischlandschaft. Dort wird uns mehrstimmig mitgeteilt, dass die von uns benötigte Reifendimension leider nicht vorrätig sei. Aber bei RENAULT gebe es diesen Reifen, es seien nur wenige hundert Meter dorthin.

Wir fahren los, finden eine große Händlerniederlassung samt Werkstätten. Mehrere Automarken betreiben den Betrieb in Kooperation. RENAULT ist leider nicht dabei. Jetzt ist der Blutdruck wohl am Anschlag. Wir lassen den völlig verstaubten Luftfilter reinigen, lassen die Felgen ummontieren. Der Original(-reserve)reifen kommt auf seine Originalfelge und wird montiert. Der kleinere Reservereifen darf im Kofferraum verschwinden. Der Motorraum wird  vom Staub befreit.

2 Mechaniker haben sich um den Duster gekümmert. Knapp 45 Minuten haben sie sorgfältig gearbeitet, ich habe alles kontrolliert. Wir bereiten uns auf eine saftige Rechnung vor. 7 neugierige Firmenangehörige und einige Kundschaften haben sich um uns versammelt, wohl um uns zusammenbrechen zu sehen. Auch der Chef ist dabei. „Kostet nix!“ meint er trocken und treibt sein Personal zur Arbeit.

Ob wir uns auf Promotion-Tour befänden? „Ja natürlich!“. Die Frage des Betriebsleiters  nach den Kosten einer Arbeitsstunde in Österreich lasse ich lieber unbeantwortet. Was kostet eine Stunde doch gleich?

Wir sind wieder zurück in Beyneu und sollten jetzt ohne Probleme die internationale Route zur usbekischen Grenze finden. Wir müssen ja nur den Trucks nachfahren. Weit und breit kein Truck in Sicht. Keine internationale Route zu finden. Da kommt mir eine 20jähriger Bursche gerade recht, den wir um  Auskunft bitten wollen. Sein Kopf und die Finger der rechten Hand kommen durchs geöffnete Seitenfenster herein, Daumen und Zeigefinger reiben sich aneinander und „Money!“ will der Typ für die Auskunft haben. Solche Leute habe ich schon immer geliebt! Ich erleide eine allergische Reaktion und der Bursche kann nur noch betroffen und ziemlich … dreinschauen.

Mit Hilfe eines Polizisten sind wir am richtigen Weg angekommen. Die 80 km zur Grenze sind unbefestigt, aber einigermaßen passabel zu fahren. Als wir uns der Grenze nähern, fahren wir an gezählten 170 LKW vorbei. Das große Tor zur Grenze ist geschlossen, die Ampel zeigt Rot.  Wenn der Traktor mit dem Wasserfass zur Bewässerung des Rasens  weggefahren ist, können wir in den Zollbereich.

Um 21.00 Uhr beginnen wir mit der Erledigung der Zollformalitäten. Vor uns steht ein schweres, dunkles Allradauto mit usbekischem Kennzeichen. Ein älterer Herr steigt aus dem Wagen und blickt nervös um sich. Jetzt beginnt er in seinen zahllosen Hosen- und Westentaschen zu kramen. Entweder bereitet er einen Korruptionsversuch vor oder er will Drogen schmuggeln! Aus einer Gesäßtasche fischt der Verdächtige einen Gegenstand heraus, den wir nicht gleich erkennen können,  dreht sich noch einmal beobachtend um und … steckt sein Gebiss in den Mund!  Ein Goldzahnschmuggler!

Wir kennen das umständliche Prozedere an den Grenzen nun schon sehr gut, können deshalb gelassen und freundlich bleiben. Die Grenzbeamten sind äußerst freundlich und plaudern gerne. Trotzdem erleiden wir allein auf kasachischer Seite 5 Passkontrollen. Schließlich haben wir alle Formalitäten erledigt, alle Papiere sind in Ordnung. Das Tor ins Niemandsland öffnet sich für uns. Es ist 22.00 Uhr.

Wir sind eingekeilt zwischen Trucks, PKW und zahlreichen Menschen, die mit teilweise riesigen Gepäckstücken die Grenze passieren wollen. Die Trucker sind ein gesprächsbereites Völkchen und scheinen unkompliziert. Es gibt genügend Gesprächsstoff . Es scheint jetzt der völlige Stillstand im Grenzverkehr erreicht. So erwarten wir den neuen Tag im Niemandsland zwischen Kasachstan und Usbekistan.

Freitag, 8. Juni 2012

Wieder zurück nach Atyrau 03.06


In der Nacht kreisen meine Gedanken ums Reserverad. Die Strecke bis zur usbekischen Grenze beträgt 80 km, was danach kommt, wissen wir noch nicht. Zurück nach Atyrau sind es immerhin 430 km, dies jedoch auf perfekter Straße. Ohne Reservereifen Richtung Usbekistan zu fahren, scheint unsinnig und auch gefährlich.

Also zurück, denn wir kennen bereits die Straße. Vorher müssen wir noch auf den angekündigten Helfer warten und die Felgen wechseln lassen, weil die Reservefelge nur 80 km/h erlaubt.

Der „Helfer in der Not“  ist um 9.00 Uhr, 9.15 Uhr und  9.30 Uhr nicht da. So suchen wir selbst einen Reifenmonteur, der an der Hauptstraße auch bald gefunden ist. Als Glück im Unglück empfinden wir es, als der Mechaniker uns den am Vortag frisch montierten Reifen zeigt. Eine Schraube hat sich samt Beilagscheibe in die Lauffläche gebohrt, und das nach wenigen Fahrkilometern! Die Reifenkontrolle zeigt, dass die Lauffläche dicht ist – der Beilagscheibe sei Dank, die Schraube hat nicht tiefer eindringen können.

Felgen ummontieren, Reifen im Wasserbad kontrollieren, kein Preis vorher ausgehandelt. Wir bereiten uns auf eine stark überhöhte Rechnung vor. Gerlinde rechnet den verlangten Betrag 3x nach. Es sind umgerechnet 3 €. Dafür gibt es ein zusätzliches Trinkgeld.  Und weil heute fast alles gut gelaufen ist, darf der Duster eine Wagenwäsche genießen

Atyrau, die Hauptstadt der Sackgassen, ruft. Wir finden beinahe sofort das Hotel wieder, in dem wir bereits genächtigt haben. Nur der eine oder andere Umweg ist dabei. Niemand an der Rezeption kennt einen Reifendienst in der Stadt. Das weibliche Personal wird das eben nicht so genau wissen.

Hölle die 2.Auflage 02.06.


Nach unserer sehr späten Rückkehr vom Steppenfest haben wir noch die Fotoausrüstung gereinigt, Daten gespeichert und Akkus geladen. Von der ursprünglichen Absicht, früh am Morgen aufzubrechen, sind wir abgerückt. Es wäre sinnlos, mit wenigen Stunden Schlaf das Abenteuer Aktau – Beyneu anzugehen. Immerhin sind es mehr als 250 km schlimmste Straßenverhältnisse, die uns erwarten.  Die Vorfreude auf die Strecke hält sich in Grenzen, wir rechnen eher mit einer erneuten Übernachtung in der Steppe.

Um 9 Uhr fahren wir los. Wir wissen, dass der erste  Streckenabschnitt asphaltiert sein wird.  Nach etwa 100 km sehen wir am linken Straßenrand ein hochbepacktes Motorrad stehen. Im Vorbeifahren kann ich im Rückspiegel ein Münchner Nummernschild erkennen. Eine Schnellbremsung, ein paar Meter zurückgefahren und eine nette Bekanntschaft gemacht – ein Motorradfahrer aus Bad Reichenhall , der sich auf Weltreise befindet. Es sind diese oft nur wenige Minuten dauernden Kontakte mit anderen Reisenden, die den Tag  so positiv färben können. Bis zum Baikalsee hat Christian Schachtner ähnliche Ziele wie wir.

Wir freuen uns über dieses zufällige Treffen,  tauschen unsere Personalia aus,  schießen Fotos und geben gerne den Hinweis  auf das Fest der Kasachen weiter, das heute seinen Höhepunkt erreichen wird. Wir hätten liebend gerne einen weiteren Tag in der Steppe verbracht, aber die Zeit treibt uns weiter. Wieder einmal stellen wir fest, dass Hin- und Rückfahrt die Landschaft anders aussehen lassen.

Die weite Ebene, begrenzt durch Tafelberge, dazu die leicht grüne Farbe der Steppe mit vereinzelten Kamel-, Pferde- und Rinderherden haben etwas Entspannendes, solange die Straße noch in Ordnung ist. Exakt 200 km nach Aktau endet der Asphalt.  Es gilt zu entscheiden: Totale Waschrumpel mit tiefen Löchern oder Abbiegen in die Spuren durch die Steppe mit viel Staub und Sand.  Neben der ursprünglichen Fahrbahn ziehen unzählige Tracks durchs Hartgras. So sind wir oft hunderte Meter von der Straße entfernt.

Staubfahnen  ziehen durch die Steppe, alle verursacht durch Autofahrer, die mit PKW oder LKW  auf der Suche nach besseren Fahrverhältnissen sind. Bleibt man auf der Straße, ist nach einiger Zeit die Rüttelei zermürbend, weicht man auf Steppenspuren aus, ist das Auto binnen kürzester Zeit  über und über mit Sand bedeckt. Dass sich dies auf den Luftfilter negativ auswirkt, ist klar. Der Duster (nomen est omen) schlägt sich bei diesen extremen Verhältnissen wesentlich besser als wir. Das Auto zeigt keine Ermüdungserscheinungen, wir sind psychisch zumindest angeknackst, „ang’fressen“.

Auch wenn ich versuche, auf dieser Strecke möglichst materialschonend unterwegs zu sein, ist vor allem der Luftfilter ziemlich gefährdet. Eine Stunde vor Beyneu, wir sind jetzt auf der Hauptfahrbahn unterwegs, schlitzt ein aus der Straße ragendes Stück Blech die Seitenwange des rechten Vorderreifens. Gott sei Dank sind wir nur mit 30 – 35 km/h unterwegs, denn schlagartig ist der Reifendruck weg. Der Wagen steht sofort.

Gut, dass ich meinen Zorn habe, denn sonst würde mich jetzt die Verzweiflung überkommen. Zornig räume ich den Kofferraum aus, zornig hebe ich das Reserverad heraus, zornig setze ich den Wagenheber an,  zornig wechsle ich den Reifen. 3 Trucks halten, die türkischen Fahrer bieten uns Hilfe an und bessern damit ein wenig meine Laune. Allerdings bin ich beim Reifenwechseln schon in der Zielgeraden. Der Duster macht jetzt seinem Namen erst recht alle Ehre, nicht nur außen sondern auch innen ist er nun völlig verstaubt.

Es sind noch 70 km bis Beyneu. Auf etwa halber Strecke kommen wir an den türkischen LKW vorbei. Ein zerfetzte Reifen liegt auf der Straße. Die Türken winken uns freundlich zu, benötigen aber keine Hilfe. Tatsächlich weiß ich auch nicht, wie ich ihnen helfen könnte.

Es ist schon finster, als wir in Beyneu ankommen. Das einzige Hotel bietet Gemeinschaftsdusche, 1 Toilette und gemeinsamen Waschraum zu ebener Erde, 3- und 4-Bett-Zimmer im 1.Stock. Ob wir noch etwas essen wollen? Es gebe Spaghetti . O.k.  Statt der Spaghetti  kommt  Krautsuppe, die allerdings ausgezeichnet schmeckt.

Neu Reifen gibt es im Ort keine, aber ein junger Mann erzählt, dass sein Freund sehr gut Englisch spreche und uns sicher helfen könne. Dieser werde am nächsten Tag um 9 Uhr beim Hotel sein.

Die Klimaanlage wärmt über lange Zeit, erst ab der 2.Hälfte der Nacht wird es kühler, was wahrscheinlich mit der Außentemperatur zusammenhängt. Dazu kommt ein kurzer  Gewitterregen.

Mittwoch, 6. Juni 2012

Das Fest in der Steppe 01.06.


Wie überall auf der Welt haben die Betuchten auch in Aktau die besten Grundstücke an der Küste gekauft und blockieren so über viele Kilometer den direkten Zugang zum Meer. Wir haben heute auch nicht die Zeit, in Ruhe einen Zugang zum Wasser einschließlich attraktiver Fotoposition zu suchen.

Wir haben beschlossen, das Festival in der Steppe zu besuchen. Weil wir mit Aktau schon so vertraut sind, benötigen wir diesmal nur zwei Anläufe, um die Stadtausfahrt zu finden. Zu unserer Ehrenrettung: Es gibt in der ganzen Stadt keine Hinweisschilder oder Wegweiser, keine Straßennamen. (Die Niederlassung der OMV haben im Vorbeifahren entdeckt.)

Nicht weit nördlich von Aktau liegt eine riesige Nekropole mit sehr alten Grabdenkmälern, aber auch mit Grabstätten jüngeren Datums. Beim Eingang meint ein Mann, ich dürfe hier nicht fotografieren. Als ich ihn einfach nicht verstehen kann, gibt er auf.

Die Grabstätten hinterlassen starke Eindrücke. Viele bedeutende Menschen scheinen hier bestattet zu sein, aber auch viele sehr früh Gestorbene. Und die Angehörigen beweisen durch die Gestaltung der Gräber, dass ihnen die Verstorbenen viel wert gewesen sind.

Nach mehrstündiger Fahrt kommen wir am Ort des Festivals an. Die Jurten stehen in einem weiten Bogen in der Steppe und ergeben für uns ein sehr exotisches Bild. Auch wenn der erste Festivaltag meist schwächer besucht sein soll als der zweite Tag, ist schon eine große Besucherzahl eingetroffen. Die Jurten sind nummeriert, die Open Air – Bühne steht in einiger Entfernung, die Pferderennbahn ist als braunes Oval im Grün der Steppe noch weiter draußen erkennbar.

Wir schaffen es vom Steppen-Parkplatz gerade einmal bis zur ersten Jurte. Sie ist schon voll besetzt, aber wir müssen vor dem Eingang  die Schuhe ausziehen und Platz nehmen. Die Frauen rücken ein bisschen zusammen, es ist Platz für alle. Wären die Tische höher, würden sie sich wohl noch mehr unter der Last der Speisen biegen.

Sind wir bisher der Meinung gewesen, dass hier ein kommerzielles Festival stattfindet, werden wir eines nun eines Besseren belehrt. Es ist ein Treffen verschiedener Familien-Clans der Region. Was auf den Tisch kommt, muss nicht nur gegessen werden, sondern kostet auch nichts. Und „alles vom Pferd“.

Es sind absolute Leckerbissen, die mir vorgesetzt werden, auch wenn sie manchmal für mich nicht sehr appetitanregend aussehen. Sehsinn ausgeblendet und durch. Es ist überhaupt nicht schlimm, denn jede einzelne Kostprobe ist delikat zubereitet. Und so schmeckt es nach mehr. Dass Gerlinde nur vegetarisch isst, wird sofort akzeptiert. Allerdings habe ich den Eindruck, dass man mich mästen will. Als ob mein Übergewicht noch zu gering wäre.

Mein Fotografieren und Filmen muss ich kurz unterbrechen, denn der Imam hält eine kurze Ansprache, auf die ein gemeinsames Gebet folgt. Die Frauen zeigen mir, wie ich die Hände zu halten habe.

Eine Frau mittleren Alters spricht mit mir Deutsch, eine andere Englisch. Gerlinde hat ein 11jähriges Mädchen als Gesprächspartnerin gefunden. Die Mutter ist stolz auf die Tochter, ohne allerdings die Unterhaltung zu verstehen. Überhaupt haben wir längst den Eindruck gewonnen, dass die Großfamilien sehr bewusst und kultiviert mit ihrer Geschichte umgehen.

Alle lassen sich fotografieren und filmen. Es ist heiß in der Jurte und mir tropft der Schweiß von der Stirn auf die Kamera. Wir bedanken uns für die Gastfreundschaft und verlassen die Jurte. Wir haben unsere Sandalen noch nicht angezogen, werden wir bereits in Jurte 3 geholt. Der junge Mann, den wir bereits vom Vortag kennen, hat uns schon erwartet. Es hat sich schon herum gesprochen, dass Fremde hier sind, und so werden wir auch hier begutachtet, allerdings auf eine sehr unaufdringliche Art.

Die Einladung zum Essen müssen wir leider abschlagen, wir haben schon zu viel gegessen. „Wenigstens eine Kostprobe!“ Die Gefahr von Übelkeit müssen wir ignorieren, wollen wir nicht unhöflich sein. Zwischen den einzelnen Kostproben drehe meine Runden im Zelt, fotografierend und filmend. Der Schweiß tropft vermehrt von der Stirn, mein Polo-Shirt bekommt dunkle Flecken.

Die Durchsage, dass das Rennen der vierjährigen Pferde bereits gestartet ist, bringt Bewegung in die Jurte. Die meisten Besucher drängen ins Freie – ich bin gerettet, denn ich bin an der frischen Luft! Die Rennbahn ist weit, also hinein ins Auto und losgefahren. Ich parke nur wenige Meter neben dem Rundkurs, baue Stativ samt Videokamera im Innenraum der Rennbahn auf. Natürlich möglichst nahe dem Rand. Ein junger Polizist kommt auf mich zu und meint beinahe verlegen, dass mein Stativ zu nahe am Rennkurs stehe.

Mir kommen meine früheren „pädagogischen Qualitäten“ in den Sinn: Ein scharfer Blick, Augenbrauen zusammen gezogen, Lippen leicht zuammengepresst – jetzt weiß der junge Mann, dass er sich in Gefahr begibt. So reicht 1m Positionsveränderung. Das Rennen geht über 21 km und es hört sich auch im Video das Schnauben der Pferde beim Vorbeigaloppieren stark an.

Das Rennen ist beendet, der Sieger ermittelt. Schon gibt es Action auf der Open Air Bühne. Einheimische Musiker spielen traditionelle Instrumente. Als der Akku der Videokamera leer ist, machen wir uns auf den Rückweg nach Aktau, wo wir lange nach Mitternacht ankommen.

Dienstag, 5. Juni 2012

Aktau und eine Erkundungsfahrt 31.05.


Aktau ist eine sehr junge Stadt mit rd. 200.000 Einwohnern. Sie wirkt sehr sauber und modern, wobei die städtebaulichen Dokumente der UdSSR noch immer deutlich erkennbar sind. Als Siedlungsgebiet gehört Aktau wohl zu den isoliertesten Städten unserer Erde, von seiner Lage durchaus vergleichbar mit dem australischen Perth, allerdings wesentlich kleiner.

Der Bauboom wird die Stadt in den nächsten Jahren deutlich verändern bzw. vergrößern, das wird schon an den noch nicht fertiggestellten Stadtautobahnen deutlich.

(Nähere Informationen zur bemerkenswerten Stadtgeschichte auf http://de.wikipedia.org/wiki/Aqtau )

Weil die Stadt so großzügig angelegt ist, finden wir nicht und nicht die richtige Ausfahrt. Bei einem Literpreis für Diesel von umgerechnet rd. 50 Cent belasten  die Leerkilomter eher unser Zeitkonto. Das Einschätzen und Taxieren potentieller Auskunftgeber wird zum psychologischen Spielchen. Dann haben wir es geschafft und fahren nach Norden, um die Steilküste kennen zu lernen.

Fort Schewtschenko und die kleine Ortschaft Bautino beeindrucken durch absolute Langeweile, was sich aber bald ändern soll. Der Agip-Konzern beabsichtigt den Bau eines riesigen Logistikzentrums. Absiedelungen der Bevölkerung werden ebenso erfolgen wie eine totale Sperre für simple Besucher. Schon heute zwingen viele Schlagbäume zur Umkehr. Der Ölboom wird spürbar, auch wenn keinÖ l zu sehen ist. … und mit Öl wird hier Kohle gemacht!

Die Straße weiter nach Norden verengt sich, verliert den Asphaltbelag, bleibt aber vorerst erstaunlich glatt. Zu beiden Seiten der Straße von Zeit zu Zeit Wegweiser zu Nekropolen, die beweisen, dass die Halbinsel Magynschlak schon vor Jahrhunderten von Nomaden besiedelt war.

Bei einer dieser Nekropolen – wir sind inzwischen mehr als 170 km von Aktau entfernt – werden einige Jurten errichtet. Wir treffen eine Großfamilie, die an verschiedenen Grabdenkmälern betet. Als wir uns zurück  ziehen wollen, wird dies nicht zugelassen. Jeder will fotografiert werden. Auch den muslimischen Frauen ist dies kein Problem. Gruppenfoto muss sein. Der Älteste lacht und ruft: "Rapid Wien - Hans Krankl!"

Hinter den bereits aufgestellten Jurten backen einige Frauen Fladenbrot. Es schmeckt köstlich. Die einzige Schwierigkeit ist das Halten des sehr heißen Fladens.

Ein junger Mann, der Englisch spricht, erklärt uns, dass an den beiden folgenden Tagen hier ein Fest zu Ehren eines bedeutenden Mannes stattfinden wird, der hier vor 250 Jahren gelebt hat, sehr sozial eingestellt gewesen ist und auch viele Menschen geheilt hat. Wir sollten doch unbedingt vorbei kommen, wir seien herzlich eingeladen.  Von Aktau sei es ja auch nicht weit.  Hm, 350 km für ein Fest?

Wir verabschieden uns mit höflich gemeintem „Vielleicht schaffen wir es morgen zum Fest“. Die Zeit drängt, wir wollen ja noch die Steilküste hinunter und einige Canyons sehen. Ein sehr steiler, felsiger Abstieg, den der Duster bravourös meistert. Im Hinterkopf habe ich „Wo ein Abstieg, ist auch ein Aufstieg erforderlich.“  Auf einem Plateau nahe der Wasserlinie stoßen wir auf eine „Ghost Town“. Es muss ein schönes Dorf gewesen sein in schöner Lage. Heute sind nur noch 2 Häuser bewohnt, es gibt keinen Stromanschluss. Warum lebt hier fast keiner mehr?

Eine Frau schaut vorsichtig aus der Tür. Offensichtlich weiß sie nicht, ob sie sich vor mir fürchten soll. Ihre kleine Tochter hängt an der Kittelfalte. Ein wenig unentschlossen klingt das Schimpfen der Mutter schon, aber wir wollen sie nicht weiter beunruhigen und fahren weiter, bis wir ein extremes Steilstück erreichen, das der Duster möglicherweise geschafft hätte. Die schräg hängende Spur ist mir aber zu riskant und wir kehren lieber um.

Zurück auf dem Hochplateau stauben wir auf der „Steppenautobahn“ (mit grünem Mittelstreifen) bis zum nächsten Canyon, der sich allerdings nicht als besonders fotogen erweist. Der Geruch der Steppe ist unbeschreiblich, am ehesten definierbar als "Kräutergarten". Die Sonne steht schon tief, bis Aktau sind es jetzt mehr als 190 km.  Wir fahren „nach Hause“, wo wir nach Mitternacht ankommen.