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Freitag, 8. Juni 2012

Hölle die 2.Auflage 02.06.


Nach unserer sehr späten Rückkehr vom Steppenfest haben wir noch die Fotoausrüstung gereinigt, Daten gespeichert und Akkus geladen. Von der ursprünglichen Absicht, früh am Morgen aufzubrechen, sind wir abgerückt. Es wäre sinnlos, mit wenigen Stunden Schlaf das Abenteuer Aktau – Beyneu anzugehen. Immerhin sind es mehr als 250 km schlimmste Straßenverhältnisse, die uns erwarten.  Die Vorfreude auf die Strecke hält sich in Grenzen, wir rechnen eher mit einer erneuten Übernachtung in der Steppe.

Um 9 Uhr fahren wir los. Wir wissen, dass der erste  Streckenabschnitt asphaltiert sein wird.  Nach etwa 100 km sehen wir am linken Straßenrand ein hochbepacktes Motorrad stehen. Im Vorbeifahren kann ich im Rückspiegel ein Münchner Nummernschild erkennen. Eine Schnellbremsung, ein paar Meter zurückgefahren und eine nette Bekanntschaft gemacht – ein Motorradfahrer aus Bad Reichenhall , der sich auf Weltreise befindet. Es sind diese oft nur wenige Minuten dauernden Kontakte mit anderen Reisenden, die den Tag  so positiv färben können. Bis zum Baikalsee hat Christian Schachtner ähnliche Ziele wie wir.

Wir freuen uns über dieses zufällige Treffen,  tauschen unsere Personalia aus,  schießen Fotos und geben gerne den Hinweis  auf das Fest der Kasachen weiter, das heute seinen Höhepunkt erreichen wird. Wir hätten liebend gerne einen weiteren Tag in der Steppe verbracht, aber die Zeit treibt uns weiter. Wieder einmal stellen wir fest, dass Hin- und Rückfahrt die Landschaft anders aussehen lassen.

Die weite Ebene, begrenzt durch Tafelberge, dazu die leicht grüne Farbe der Steppe mit vereinzelten Kamel-, Pferde- und Rinderherden haben etwas Entspannendes, solange die Straße noch in Ordnung ist. Exakt 200 km nach Aktau endet der Asphalt.  Es gilt zu entscheiden: Totale Waschrumpel mit tiefen Löchern oder Abbiegen in die Spuren durch die Steppe mit viel Staub und Sand.  Neben der ursprünglichen Fahrbahn ziehen unzählige Tracks durchs Hartgras. So sind wir oft hunderte Meter von der Straße entfernt.

Staubfahnen  ziehen durch die Steppe, alle verursacht durch Autofahrer, die mit PKW oder LKW  auf der Suche nach besseren Fahrverhältnissen sind. Bleibt man auf der Straße, ist nach einiger Zeit die Rüttelei zermürbend, weicht man auf Steppenspuren aus, ist das Auto binnen kürzester Zeit  über und über mit Sand bedeckt. Dass sich dies auf den Luftfilter negativ auswirkt, ist klar. Der Duster (nomen est omen) schlägt sich bei diesen extremen Verhältnissen wesentlich besser als wir. Das Auto zeigt keine Ermüdungserscheinungen, wir sind psychisch zumindest angeknackst, „ang’fressen“.

Auch wenn ich versuche, auf dieser Strecke möglichst materialschonend unterwegs zu sein, ist vor allem der Luftfilter ziemlich gefährdet. Eine Stunde vor Beyneu, wir sind jetzt auf der Hauptfahrbahn unterwegs, schlitzt ein aus der Straße ragendes Stück Blech die Seitenwange des rechten Vorderreifens. Gott sei Dank sind wir nur mit 30 – 35 km/h unterwegs, denn schlagartig ist der Reifendruck weg. Der Wagen steht sofort.

Gut, dass ich meinen Zorn habe, denn sonst würde mich jetzt die Verzweiflung überkommen. Zornig räume ich den Kofferraum aus, zornig hebe ich das Reserverad heraus, zornig setze ich den Wagenheber an,  zornig wechsle ich den Reifen. 3 Trucks halten, die türkischen Fahrer bieten uns Hilfe an und bessern damit ein wenig meine Laune. Allerdings bin ich beim Reifenwechseln schon in der Zielgeraden. Der Duster macht jetzt seinem Namen erst recht alle Ehre, nicht nur außen sondern auch innen ist er nun völlig verstaubt.

Es sind noch 70 km bis Beyneu. Auf etwa halber Strecke kommen wir an den türkischen LKW vorbei. Ein zerfetzte Reifen liegt auf der Straße. Die Türken winken uns freundlich zu, benötigen aber keine Hilfe. Tatsächlich weiß ich auch nicht, wie ich ihnen helfen könnte.

Es ist schon finster, als wir in Beyneu ankommen. Das einzige Hotel bietet Gemeinschaftsdusche, 1 Toilette und gemeinsamen Waschraum zu ebener Erde, 3- und 4-Bett-Zimmer im 1.Stock. Ob wir noch etwas essen wollen? Es gebe Spaghetti . O.k.  Statt der Spaghetti  kommt  Krautsuppe, die allerdings ausgezeichnet schmeckt.

Neu Reifen gibt es im Ort keine, aber ein junger Mann erzählt, dass sein Freund sehr gut Englisch spreche und uns sicher helfen könne. Dieser werde am nächsten Tag um 9 Uhr beim Hotel sein.

Die Klimaanlage wärmt über lange Zeit, erst ab der 2.Hälfte der Nacht wird es kühler, was wahrscheinlich mit der Außentemperatur zusammenhängt. Dazu kommt ein kurzer  Gewitterregen.

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