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Dienstag, 5. Juni 2012

Aktau und eine Erkundungsfahrt 31.05.


Aktau ist eine sehr junge Stadt mit rd. 200.000 Einwohnern. Sie wirkt sehr sauber und modern, wobei die städtebaulichen Dokumente der UdSSR noch immer deutlich erkennbar sind. Als Siedlungsgebiet gehört Aktau wohl zu den isoliertesten Städten unserer Erde, von seiner Lage durchaus vergleichbar mit dem australischen Perth, allerdings wesentlich kleiner.

Der Bauboom wird die Stadt in den nächsten Jahren deutlich verändern bzw. vergrößern, das wird schon an den noch nicht fertiggestellten Stadtautobahnen deutlich.

(Nähere Informationen zur bemerkenswerten Stadtgeschichte auf http://de.wikipedia.org/wiki/Aqtau )

Weil die Stadt so großzügig angelegt ist, finden wir nicht und nicht die richtige Ausfahrt. Bei einem Literpreis für Diesel von umgerechnet rd. 50 Cent belasten  die Leerkilomter eher unser Zeitkonto. Das Einschätzen und Taxieren potentieller Auskunftgeber wird zum psychologischen Spielchen. Dann haben wir es geschafft und fahren nach Norden, um die Steilküste kennen zu lernen.

Fort Schewtschenko und die kleine Ortschaft Bautino beeindrucken durch absolute Langeweile, was sich aber bald ändern soll. Der Agip-Konzern beabsichtigt den Bau eines riesigen Logistikzentrums. Absiedelungen der Bevölkerung werden ebenso erfolgen wie eine totale Sperre für simple Besucher. Schon heute zwingen viele Schlagbäume zur Umkehr. Der Ölboom wird spürbar, auch wenn keinÖ l zu sehen ist. … und mit Öl wird hier Kohle gemacht!

Die Straße weiter nach Norden verengt sich, verliert den Asphaltbelag, bleibt aber vorerst erstaunlich glatt. Zu beiden Seiten der Straße von Zeit zu Zeit Wegweiser zu Nekropolen, die beweisen, dass die Halbinsel Magynschlak schon vor Jahrhunderten von Nomaden besiedelt war.

Bei einer dieser Nekropolen – wir sind inzwischen mehr als 170 km von Aktau entfernt – werden einige Jurten errichtet. Wir treffen eine Großfamilie, die an verschiedenen Grabdenkmälern betet. Als wir uns zurück  ziehen wollen, wird dies nicht zugelassen. Jeder will fotografiert werden. Auch den muslimischen Frauen ist dies kein Problem. Gruppenfoto muss sein. Der Älteste lacht und ruft: "Rapid Wien - Hans Krankl!"

Hinter den bereits aufgestellten Jurten backen einige Frauen Fladenbrot. Es schmeckt köstlich. Die einzige Schwierigkeit ist das Halten des sehr heißen Fladens.

Ein junger Mann, der Englisch spricht, erklärt uns, dass an den beiden folgenden Tagen hier ein Fest zu Ehren eines bedeutenden Mannes stattfinden wird, der hier vor 250 Jahren gelebt hat, sehr sozial eingestellt gewesen ist und auch viele Menschen geheilt hat. Wir sollten doch unbedingt vorbei kommen, wir seien herzlich eingeladen.  Von Aktau sei es ja auch nicht weit.  Hm, 350 km für ein Fest?

Wir verabschieden uns mit höflich gemeintem „Vielleicht schaffen wir es morgen zum Fest“. Die Zeit drängt, wir wollen ja noch die Steilküste hinunter und einige Canyons sehen. Ein sehr steiler, felsiger Abstieg, den der Duster bravourös meistert. Im Hinterkopf habe ich „Wo ein Abstieg, ist auch ein Aufstieg erforderlich.“  Auf einem Plateau nahe der Wasserlinie stoßen wir auf eine „Ghost Town“. Es muss ein schönes Dorf gewesen sein in schöner Lage. Heute sind nur noch 2 Häuser bewohnt, es gibt keinen Stromanschluss. Warum lebt hier fast keiner mehr?

Eine Frau schaut vorsichtig aus der Tür. Offensichtlich weiß sie nicht, ob sie sich vor mir fürchten soll. Ihre kleine Tochter hängt an der Kittelfalte. Ein wenig unentschlossen klingt das Schimpfen der Mutter schon, aber wir wollen sie nicht weiter beunruhigen und fahren weiter, bis wir ein extremes Steilstück erreichen, das der Duster möglicherweise geschafft hätte. Die schräg hängende Spur ist mir aber zu riskant und wir kehren lieber um.

Zurück auf dem Hochplateau stauben wir auf der „Steppenautobahn“ (mit grünem Mittelstreifen) bis zum nächsten Canyon, der sich allerdings nicht als besonders fotogen erweist. Der Geruch der Steppe ist unbeschreiblich, am ehesten definierbar als "Kräutergarten". Die Sonne steht schon tief, bis Aktau sind es jetzt mehr als 190 km.  Wir fahren „nach Hause“, wo wir nach Mitternacht ankommen.

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