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Montag, 11. Juni 2012

Am "Aralsee" 06.06.


Beim Frühstück treffen wir ein junges Schweizer Paar, das über die Türkei, den Iran und Turkmenistan angereist ist. Nicki und Roy sind erst am Beginn ihrer mehrjährigen Weltreise. Sie haben in der Schweiz ihren Hausstand aufgelöst und wollen sich jetzt Zeit nehmen für das Kennenlernen der verschiedenen Kontinente. Ein sehr sympathisches Paar, mit dem wir gerne Kontakt haben.

So beschließen wir auch, das Gebiet des ehemaligen Aralsees gemeinsam zu erkunden. Die Abfahrt der Schweizer verzögert sich und Gerlinde und ich fahren los in der Meinung, wir könnten das frühere Fischerdorf Moynak nicht verfehlen.

Es sind mehr als 200 km, die Straßenverhältnisse sind einigermaßen passabel und wir können „im Vorbeifahren“ das Ausmaß der künstlichen Bewässerung erkennen. Natürlich ist die Landwirtschaft hier sehr ergiebig und immer neue Flächen Nutzland werden erschlossen. Neben Baumwollfeldern wird hier auch Reis angebaut und große Flächen stehen unter Wasser.

Als wir von der Hauptstraße abbiegen, fahren wir durch Halbwüste, die von Bewässerungskanälen durchzogen wird. Entlang der Straße Schilf und Pflanzen mit violetten Blüten. Wir stoppen und werden von einem wunderbaren Duft empfangen. Ein herrlicher Geruch, es könnte in keiner Parfümerie angenehmer sein.

Problemlos erreichen wir Moynak, das in manchen Reiseführern als katastrophal beschrieben wird. Auf den ersten Blick muss man diesen Eindruck bestätigen, bei näherem Hinschauen zeigt sich aber, dass dieses Dorf nicht vor seinem Ende steht. Der Hafen existiert nicht mehr, doch moderne Häuser sind entstanden oder werden gebaut.

Natürlich fährt jeder, der als Tourist hierher kommt, zur Aussichtsplattform mit Denkmal, das an den früheren Aralsee erinnert. Große Schautafeln beweisen eindrucksvoll die enorme ökologische Katastrophe, die hier sich hier ereignet hat. Der See, der neben dem Kaspischen See und den Großen Seen zu den weltweit größten Binnenseen zählte, ist auf 2 kleine Seen zusammengeschrumpft. Und eindeutig ist der Mensch Hauptverursacher.



Weit und breit ist nichts von Nicki und Roy zu sehen. Wir stehen auf der Aussichtsplattform und können uns nur schwer vorstellen, dass hier eine riesige Wasserfläche existiert hat. So weit das Auge reicht heute nur Sanddünen, bewachsen mit Saxaulsträuchern. Alte rostige Fischerkähne, die von mehreren Orten hierher gebracht worden sind, liegen hier im Sand, wenig fantasievoll in einer Reihe angeordnet.

Auch wenn die Gesamtsituation nichts Positives aufweist – wir haben eines unserer Reiseziele erreicht. Wir steigen die lange Treppe zu den Schiffswracks hinunter, schießen ein paar Fotos, wobei kein richtiges Fotofeeling aufkommen will. Mit dem Duster nehmen wir schließlich die steile Sandrampe von der Aussichtsplattform abwärts, stellen ihn neben die rostigen Kähne. Ein merkwürdiger Kontrast. Auch dass Fotografieren im grellen Licht bereitet Probleme, denn die dunklen Boote und das weiße Auto überfordern die Belichtungsmessung.

Weit und breit ist noch immer nichts von Nicki und Roy zu sehen. Vielleicht haben sie ihre Pläne geändert. Wir werfen noch einen kurzen Blick auf die ehemalige Konservenfabrik im Dorf, dann verlassen wir den „Aralsee“.  In den 60er Jahren sollen hier sogar noch Tiger durch die dichte Vegetation gestreift sein. Anfang der 70er Jahre habe ich meinen Schülern den mehr als schwachen „Schmäh“ erzählt, dass der Aral-See ein mit Benzin gefülltes Gewässer sei. Als „Beweis“ habe ich damals die Aral-Tankstellen erwähnt, die ihr Benzin direkt aus dem See pumpen würden und deshalb ihren Namen tragen würden. Heute heißt dies „Joke“, den See gibt es nicht mehr, ich denke die Tankstellen heißen OVM. Und die  Schüler würden mir diese Geschichte auch nicht mehr glauben.

Als wir in Nukus beim Hotel ankommen, sind Nicki und Roy da. Sie haben eine wahre Odysse erlebt, denn die Straßenkarte hat Straßen angezeigt, die nicht mehr existieren. Die beiden haben mit schlechtesten Straßenverhältnissen gekämpft und sind ein wenig deprimiert und ohne Moynak erreicht zu haben zum Hotel zurück gekehrt. Jetzt plagt mich ein ordentlich schlechtes Gewissen, weil ich am Morgen losgefahren bin, ohne auf die beiden jungen Leute zu warten.

1 Kommentar:

  1. Hoi Ernst & Gerlinde, es hat uns sehr viel Freude bereitet euch kennen zu lernen und mit euch gemeinsam Usbekistan unsicher zu machen. Das mit dem Aralsee war einfach Pech und im nachhinein ein Abenteuer, welches wir nicht so schnell vergessen.:-)

    Ernst, ein dickes Kompliment für die schönen Fotos...so sieht der Blog super aus!

    Liebe Grüsse aus Osh, kirgisien

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