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Mittwoch, 30. Mai 2012

Kasachstan ist erreicht 28.05.12

Wir verlassen Astrachan am frühen Vormittag. Die Straße zur kasachischen Grenze führt quer durchs Wolgadelta. Der Wasserstand im Delta ist beeindruckend hoch, eine ganze Seenlandschaft ist entstanden. In den kleinen Dörfern reicht das Wasser manchmal bis an die Häuser und so mancher Stall steht sogar im Wasser. Gegenüber dem Vorjahr ist die Gegend für uns kaum wiederzuerkennen.

Unser Navi hat jetzt seinen digitalen Dienste eingestellt, wir sind auf Straßenkarte und eigenes Gespür angewiesen, das gleich einmal versagt. Flott geht es geradeaus, bis plötzlich die asphaltierte Straße in geschotterte Spur übergeht. Irgendwo müssen wir eine Abzweigung übersehen haben. Wir sind in der Tat lediglich einige Kilometer über eine Kurve hinausgeschossen.

Nachdem wir mehrmals Auskunft eingeholt haben, stimmt die Richtung wieder. Auch wenn es keine Beschilderung gibt, wissen wir: Es geht nun tatsächlich Richtung Grenze. Wir bauen den einen oder anderen Fotostopp ein. Sieht ja sehr idyllisch aus, wie Pferdeherden durch überschwemmtes Gebiet waten und Rinder auf kleinen Grasinseln das Wiederkäuen vorbereiten.

An der Grenze kann das übliche Gefühl des Unbehangens gar nicht aufkommen. Wir werden auf freundlichste Weise von den Grenzbeamten betreut und einschließlich Wartezeit sind wir nach 15 Minuten durch. Wo ist die Grenze Kasachstans und wozu ist dieser gelbe, laminierte Streifen, auf dem "Checked" steht? Wir fahren ... so einige Kilometer. Schließlich eine neue Brücke, davor ein Posten. Wir liefern "Checked" ab.

Die kasachische Grenze ist jetzt erreicht. Das Ritual ist gleich geblieben: Immigration Card ausfüllen (in Englisch übersetzt), Passport und "Car-Passport". Ob die Grenzer nur zu uns so freundlich sind oder generell zu allen? Darüber zerbreche ich mir jetzt nicht den Kopf, habe auch keine Zeit dazu, denn ich muss den Umstehenden - wieder einmal - erklären, dass der Dacia nicht aus Moskau sondern aus Rumänien kommt und dass er eigentlich ein ... und dass ... und dass ...

Der freundliche junge Grenzbeamte müht sich, die Daten aus dem Zulassungsschein in den Computer einzugeben. Unsere Druckbuchstaben bereiten sichtlich Probleme. Freundlichkeit, wem Freundlichkeit gebührt, deshalb helfe ich mit unserer schriftlichen Übersetzung ins Russische. Es ist eine Win-Win-Situation: Für den Grenzer kann die Mittagspause beginnen, wir sind früher abgefertigt. Insgesamt hat das Passieren der Grenzen einschließlich der Wartezeiten keine 50 Minuten gedauert. Die größten Teil davon habe ich mit Ausfüllen der Formulare vergeudet.


Die letzte Kontrolle an der Grenze. Fragen, die sicherlich nicht zum Protokoll gehören: Welchen Beruf wir früher ausgeübt haben und welche Unterrichtsgegenstände uns am liebsten waren, welche Kontinente wir schon bereist haben, wie die Temperaturen in Österreich sind, ... Thank you, Gracias, Ciao, Arriv.. und ... der Beamte testet seine und unsere Sprachkenntnisse.

Wir erleben wenige Kilometer nach der Grenze die erste Polizeikontrolle unserer diesjährigen Tour: Warum Diesel- und kein Benzinmotor? Was kostet ein Liter Diesel in Österreich? Mein schon länger gehegter Verdacht erhärtet sich: Wir dürften doch einigemaßen exotisch auf die Einheimischen wirken. Kein Wunder, haben wir doch auf der bisherigen Tour ab der Ukraine außer einem deutschen Kennzeichen (in der Ukraine) kein anderes EU-Kennzeichen gesehen.

Das Delta bleibt zurück, die Vegetation reduziert sich auf verschiedene Gräser. Unser kurzes Nachmittag-im-Auto-Schläfchen muss heute mangels schattenspendender Bäume leider entfallen. So versäumen wir auch nicht unser erstes Kamel am Straßenrand. Wo immer auf dieser Welt Kamele anzutreffen sind, beeindrucken sie mich durch ihr arrogantes Gehabe. Die sich langsam lösende Winterbekleidung mit den überlangen, ziemlich verfilzten dichten Rasta-Locken passt zwar zur Jahreszeit, nicht aber zur distanzierten Gelassenheit, die uns das Kamel offenbar demonstrieren will. Aber ein gutes Fotomodel(l) darf so sein.

In der Steppenlandschaft eine Vielzahl von kleinen Friedhöfen, allesamt auf kleinen Hügeln bzw. Dünen. Ob hier früher Dörfer waren oder ob diese nur weit entfernt liegen, können wir nicht ergründen.

An einer Ortseinfahrt hat ein Polizist die Straße gesperrt, denn ein Hubschrauberstart steht bevor. Eine wahrscheinlich höhergestellte Persönlichkeit wird im Konvoi herangefahren, steigt in den Hubschrauber, der sich und uns in eine Staubwolke hüllt und quer über die Straße losfliegt.


Die Weiterfahrt wird zäh. Lange Zeit  "Do is ja nix". Außer dann und wann ein Gebiet mit bedächtig nickenden oder sich langsam verbeugenden Ölpumpen gibt es lange nichts zu sehen. Eine kleine Oase taucht auf mit Wasser, Schilf und Schwänen. Es folgen kleine Salzpfannen, Schlaglöcher und weicher Asphalt, den die Reifen der LKW zum Straßenrand hin hochquetschen zu beeindruckenden Formationen. Nicht ungefährlich da drüber zu "reiten".


Am späten Nachmittag erreichen wir Atyrau. Das Hotel habe ich als einziges schon im April zu Hause gebucht. Wir kennen also die Adresse, haben einen Stadtplan, die Stadt selbst ist nicht besonders groß. Beste Voraussetzungen für eine exakte Punktlandung, auch wenn das Navi sich selbst außer Dienst gestellt hat.


Wir überqueren den Ural-Fluss, auch hier die Grenze zwischen Europa und Asien,  biegen plangemäß ab - und landen in einer Sackgasse. Zweiter Anlauf, eine zweite Sackgasse. Ein Stück weiter ist es im dritten Anlauf nicht anders. Ist Atyrau die Hauptstadt der Sackgassen? Ein bisserl dauert es schon, bis wir die richtige Weg-Auskunft zum Hotel erhalten.


Na endlich gibt es jetzt auch einmal ein wenig Ärger mit der Rezeptionistin! Morgen werden wir sehen, was auf der Rechnung steht. Ich bereite mich jedenfalls heute noch mental auf "Grantler" vor.

Mit Fotos wird es noch den einen oder anderen Tag dauern.








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